Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Stadträt*innen, sehr geehrter Herr Kurdirektor,

als ehemalige Teilnehmerin an den „Max-Mannheimer-Kulturtagen“ 2019 (und Angehörige eines „Euthanasie“-Opfers) verfolge ich seit vier Jahren mit Interesse und Anteilnahme die Geschehnisse und die Politik in Bad Aibling. Mit großer Bestürzung habe ich registriert, dass das Kurhaus in Bad Aibling an einen Verschwörungsideologen wie Daniele Ganser vermietet wurde und jetzt auch noch Hans-Georg Maaßen eine Bühne bietet, der sich mit seiner Wortwahl und seinen Tweets offensichtlich ganz kommod in der völkischen Ecke eingerichtet hat.
Die Tatsache, dass Herr Maaßen für seine Äußerungen in dem – von der eigenen Partei – angestrengten Parteiausschlussverfahren – nicht aus der CDU ausgeschlossen worden ist, ist für mich noch lange kein Grund, ihm das Kurhaus in Bad Aibling für einen Vortrag zur Verfügung zu stellen. Die Äußerungen von Ihnen, Herr Schlier, „es gibt hier auch überhaupt keinen Anlass dazu, Stellung zu nehmen“, und die Diskussionen um derartige Veranstaltungen im Kurhaus seien mittlerweile „tatsächlich etwas ermüdend“, machen mich fassungslos. Ist ein demokratischer Streit „ermüdend“?? Vielleicht sollte man sich dann nicht zum Bürgermeister wählen lassen, wenn einen die Demokratie ermüdet?!

Zum einen kann man sehr wohl zu einer Person Stellung beziehen, die nach Beurteilung des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, des Direktors der Jüdischen Akademie des Zentralrats der Juden, des Präsidenten des Zentralrats der Juden, des Leiters der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und auch des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz ein Vokabular benutzt, das eine „sehr braune, sprich nationalsozialistische Tradition“ (Doron Kiesel; Jüdische Akademie) aufweist – und das ist für mich keine Meinungsäußerung, sondern das ist rechts und undemokratisch, wogegen man aufstehen muss als Bürgermeister oder als Stadtrat. Und das darf man auch, obwohl die CDU die Schwesterpartei der Partei des Bürgermeisters ist.

Zum anderen könnte man auch den Vertrag, den die Stadt Aibling – und damit der Stadtrat – mit der Aib-Kur geschlossen hat, so formulieren, dass solchen Personen eine Vermietung nicht gestattet wird. Oder kann man dann in Zukunft damit rechnen, dass vielleicht Herr Höcke nach Bad Aibling kommt, der ja auch einer „demokratischen Partei“ angehört??

Die Nationalsozialisten sind nicht über Nacht in Deutschland an die Macht gekommen. Sie haben die Ausschaltung der demokratischen Institutionen lange und gründlich vorbereitet – und dafür vor allem auch immer und immer wieder die Sprache und damit auch das Denken der Menschen verändert. Sie sind auch deshalb an die Macht gekommen, weil man sie nicht ernst genommen hat.
Diesen Redner in Bad Aiblings Kurhaus sollte man sehr ernst nehmen. Und gegen ihn aufstehen.

Hannah Bischof, Berlin